Der Feind steht rechts!


    Kopf der SPD-Parteizeitung, 1933
Kopf der SPD-Parteizeitung, 1933

Das Symbol des sozialdemokratischen Antifaschismus war in der Endphase der Weimarer Republik der "Dreipfeil". Dieses Symbol wurde 1930 von dem deutschen Sozialdemokraten Carlo Mierendorff in Zusammenarbeit mit dem exilrussischen Psychologen Sergej Tschakhotin entworfen. Mierendorff gehörte zu einer jungen Generation von Sozialdemokraten, die dem Attentismus der Älteren in der SPD mit Skepsis gegenüberstand. Ihm ging es in der Endphase der Weimarer Republik vor allem darum, dem Nationalsozialismus entgegenzutreten, und das, indem man ihn mit seinen eigenen Waffen bekämpfte: „Wenn wir Hitler schlagen wollen, müssen wir ihn auf dem Gebiete der Propaganda übertreffen.“ Mierendorff erkannte deshalb ausdrücklich das „Prinzip der Einschüchterung“ an, das er hinter der NS-Propaganda wirksam sah; alles übrige sollte die Verspottung des Gegners erreichen, den man mit öffentlicher Verhöhnung, Karikaturen und Spottzeichnungen zu treffen suchte.

 

Tschakhotin soll die zündende Idee für ein Gegen-Symbol zum Hakenkreuz 1931 spontan gekommen sein, als er ein mit Kreide durchgestrichenes Hakenkreuz an einer Wand sah. Der Eindruck gab ihm den Anstoß, ein Motiv zu suchen, das in der Lage sein würde, das Hakenkreuz optisch tatsächlich zu konterkarieren, und er fand es in dem erwähnten Dreipfeil, der das gegnerische Symbol „niederstoßen“ sollte.

 

Der Dreipfeil wurde zum Symbol der Eisernen Front, einer Organisation, die aus dem republikanischen Kampfverband Reichsbanner Schwarzrotgold, der SPD und den Gewerkschaften bestand; den Dreipfeil konnte man auch so interpretierten, daß jeder Pfeil für eine dieser Gruppierungen stand. Der Marschgesang der Eisernen Front begann mit den Worten „Drei Pfeile zerspalten wie Blitze der Nacht“. Ihre Mitglieder erschienen oft uniformiert, als Ärmelabzeichen trug man einen roten Wappenschild mit drei weißen Pfeilen, außerdem wurden rote Fahnen mit dem weißen Dreipfeil im linken Obereck geführt; gelegentlich zeigte man auch Hakenkreuzfahnen, deren Symbol vom Dreipfeil durchkreuzt war.



Die Dominanz der Farbe Rot in der Agitation der Eisernen Front und das Zurücktreten von Schwarz-Rot-Gold waren kein Zufall, sondern entsprachen ganz dem Kurs der Verschärfung der Konfliktlage gegenüber Hitler und seiner Bewegung, die Mierendorff und Tschakhotin verfolgten. Ebenso aufschlußreich war das Verschwinden aller Bezugnahmen auf die „Republik“ in der Propaganda, während „die Arbeiterbewegung“ ins Zentrum trat. Im Grunde ging es darum, den Kommunisten die Forderung nach der Einheit des Proletariats im Kampf gegen den Nationalsozialismus abzuringen.

 

Nach 1933 wurden die „Freiheitspfeile“ in Deutschland selbstverständlich verboten, sie verbreiteten sich aber rasch als antifaschistisches Symbol im übrigen Europa. Das galt vor allem für Frankreich, wo die Sozialistische Partei nach den „faschistischen“ Unruhen vom 6. Februar 1934 beschloß, neben ihrem Parteiabzeichen ein „Kampfabzeichen“ einzuführen, das aus dem Dreipfeil bestand. Das Symbol tauchte auch nach der Befreiung wieder auf und wurde Anfang 1945 als offizielles Parteisymbol eingeführt; kurz darauf folgten die österreichischen Sozialisten dem Beispiel und verwendeten nach Wiedergründung der SPÖ drei silberne Pfeile in einem roten Ring; als Propagandamittel erschien der Dreipfeil auch bei zahlreichen anderen Arbeiterparteien bis in die sechziger Jahre. Erst als die traditionsreiche Section Française de l‘ Internationale Ouvrière (SFIO) 1969 in den Parti Socialiste überführt wurde, verschwand mit dem alten Namen auch deren Symbol, der Dreipfeil.

 

Abschließend sei darauf hingewiesen, daß in Frankreich ausgesprochene Gegensymbole zum Dreipfeil entworfen wurden, sozusagen ein Gegensymbol zum Gegensymbol. Dazu gehörten vor allem die drei gekreuzten Pfeile der 1966 gegründeten neofaschistischen FANE – Fédération d’ Action Nationale Européenne; deren Mitglieder kamen außerdem aus drei verschiedenen Vorgängergruppen im Umfeld der terroristischen OAS (Action Occident, Cercles „Charlemagne“, Comités de Soutien à l’ Europe réelle). Die FANE gliederte sich in den siebziger Jahren eine Unterorganisation – die FNE – Faisceaux Nationalistes Européens – an, die allerdings niemals aktiv wurden. 1987 fiel sie endgültig unter ein Verbot der französischen Regierung und wurde aufgelöst.