Das Wappen von König Artus


Fiktives Wappen von König Artus, "Große Halle" in Winchester, zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts
Fiktives Wappen von König Artus, "Große Halle" in Winchester, zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts

Daß wir nicht wissen, welches Wappen König Artus führte, hat natürlich damit zu tun, daß wir nicht wissen, ob er je gelebt hat. Das Mittelalter wußte von solche Vorbehalten kaum und legte für ihn wie für seine Helden heraldische Zeichen fest oder versuchte das zumindest. Denn tatsächlich wichen die einzelnen Vorschläge deutlich voneinander ab. Wer Artus nicht einfach mit dem aktuellen englischen Wappen ausstattete, sah sich gezwungen, eine Wahl zwischen den folgenden Optionen zu treffen.

 

Schon in der Geschichte der britischen Könige des Nennius war die Rede davon, Artus habe als Wappen ein Bild der Muttergottes getragen. Entsprechende Darstellungen findet man allerdings selten, was wohl auf den fehlenden kriegerischen Nimbus dieses Bildes zurückzuführen ist. Dieselbe Ursache darf man auch für ein Wappen mit blauem Kruckenkreuz auf goldenem Feld vermuten.

 

Am häufigsten wurde Artus bis zum 14. Jahrhundert ein Wappen zugeordnet, das drei (selten zwei) goldene (selten silberne) Kronen übereinander (selten zwei zu eins gestellt) auf blauem (selten rotem) Grund zeigte; am Rande sei vermerkt, daß wegen eines Kopierfehlers aus den drei auch dreizehn Kronen werden konnten. Vielleicht handelte es sich bei der Kombination der drei Kronen um eine Übertragung des schwedischen Wappens, aber eher ist eine Anspielung auf Artus' legendäre Herrschaft über England, Wales und Schottland zu vermuten.


 

Was in dem Zusammenhang auffällt, ist allerdings, daß das am häufigsten mit Artus in Verbindung gebrachte Symbol gar nicht auftaucht: der rote Drache. Man kann darin wahrscheinlich einen Vorbehalt wirksam sehen, der auf der Gegenseite das Marienbild oder das Kreuz als Wappenzeichen so wirkungslos machte. Denn der Drache war im Europa des Mittelalters vor allem negativ besetzt. Doch kann man nicht von einer Tabuierung sprecht. Eher galt für ihn ein ähnlicher Vorbehalt wie gegenüber Wolf oder Bär auf Grund des heidnischen Charismas dieser Figuren. Mit Recht hat Otto Höfler den Drachen jedenfalls zu den „Haupt-Typen“ der Heraldik gezählt. Denn bei der Gestaltung der Schilde ging es eben nicht um eine beliebige Auswahl von Emblemen im Sinn einer Marke, sondern, ähnlich den Kriegeremblemen der vorheraldischen Zeit, um „Wesensgabe und Kraftverleihung“, die die Ambivalenz des Tieres gerade nicht aus-, sondern einschloß: „Die Wappen zeigen, daß diesen Menschen das Edle und das Furchtbare keine unvereinbaren Gegensätze waren – daß sie sogar zur Einheit werden konnten. Denn der Löwe, der Adler, der Eber, der Drache wurden als furchtbare Wesen nicht allein gedacht, sondern mit ganzer Seele erlebt.“

 

Trotzdem blieben Drachenwappen im Europa des Mittelalters eine Seltenheit, - mit einer Ausnahme: England. Dort hat sich offenbar die Vorstellung vom Drachen als Königstier festgesetzt und vielleicht sogar die Popularität des Königsnamens Eduard mitbedingt, denn angelsächsisch Ēadweard bedeutet nichts anderes als „Schatzhüter“, was ein Synonym für den Drachen sein konnte. Trotzdem wird man feststellen müssen, daß es für die Vorstellung, Artus habe ein Drachenwappen geführt, keine Belege vor der Wiederentdeckung des ganzen Themenkreises in der viktorianischen Zeit gibt. Das Gemälde The Death of Arthur von John Mulcaster Carrick, das 1862 entstand, kann wahrscheinlich als einer der frühesten Belege gelten. Es zeigt den König mit einem goldenen Drachen als Helmzier und einem – allerdings teilweise verdeckten – roten Drachen auf dem Waffenrock. Schwer verwundet blickt er auf das Schiff, das ihn nach Avalon bringen soll.

 

Das Drachenwappen ist dann in der Folge zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Das hat ohne Zweifel mit der Popularisierung der Figur des Königs zu tun, die tief in der nationalen Mythologie der Briten verankert wurde. Konkurrierende Anläufe – etwa die Verknüpfung mit der Figur des Bären wegen der Assoziation von Artus und keltisch *artos für „Bär“ – haben sich dagegen niemals durchsetzen können.