Bei dem Anti-Atomtod-Zeichen handelt es sich um ein Emblem, bestehend aus einem Kreis, den eine senkrechte Linie teilt, flankiert von zwei Schrägen, die ungefähr bis zum unteren Drittel der Senkrechten reichen. Seinen Ursprung hat es im Widerstand gegen das atomare Wettrüsten der Nachkriegszeit. Zuerst soll das Anti-Atomtod-Zeichen im April 1958 in England bei einem Protestzug der Campaign for Nuclear Disarmement (CND) gegen das Nuklearzentrum Aldermaston auf Plakaten und Fahnen – weiß auf schwarz – mitgeführt worden sein und verbreitete sich danach in der Ostermarschbewegung, der wichtigsten pazifistischen Strömung. Der sowjetische Block duldete die Verwendung vorübergehend, schränkte sie aber bald wieder ein, was auch mit dem Erfolg des Symbols im Westen und der Beliebtheit in jener „dekadenten“ Jugend zu tun hatte, deren Zentrum die USA waren
Dorthin kam das Anti-Atomtod-Zeichen früh durch einen Bürgerrechtler aus dem Umfeld Martin Luther Kings, der an einer ersten Demonstration unter dem Anti-Atomtod-Zeichen in London teilgenommen hatte und es dann mit nach Hause nahm. In den Vereinigten Staaten spielte es sofort eine wichtige Rolle bei den Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg und tauchte sogar als Accessoire zunehmend demoralisierter GIs an der Front auf; es existiert ein Foto, das eine Fahne mit dem Emblem zeigt, die über amerikanischen Geschützen in Laos wehte. Das Anti-Atomtod-Zeichen war damit endgültig zu einem pazifistischen Symbol geworden, das bis heute zu jeder Friedensdemonstration gehört; es entwickelte sich aber gleichzeitig zur Pop-Ikone, brachte den neuen Zeitgeist – „love and peace“ – zum Ausdruck und wird allgemein dem Inventar der linken Gegenkultur und ihrer kommerziellen Varianten zugerechnet. In der Bundesrepublik spielte es eine wichtige Rolle für die Ikonographie der Achtundsechziger-Bewegung.
Die Erfindung des Anti-Atomtod-Zeichens hat man immer wieder dem bekannten Pazifisten Bertrand Russell zuschreiben wollen, allerdings spricht mehr dafür, daß es auf den sonst nicht hervorgetretenen englischen Aktivisten Gerald Holtom zurückzuführen ist. Er soll es als Ableitung von den Buchstaben „N“ und „D“ für nuclear disarmement – „atomare Abrüstung“ im Winkeralphabet entworfen haben; das „N“ wird in dessen System ausgedrückt durch zwei schräg vom Körper weggehaltene Signalflaggen, das „D“ durch eine emporgereckte Signalflagge und eine gesenkte. Dem entsprechen abstrakt die Linie und die Schrägen; der Kreis, der beide umschließt, stellt die Welt dar, für deren Bewahrung vor der totalen Vernichtung die Friedensbewegung eintritt.
In den achtziger Jahren ging der Gebrauch des Anti-Atomtod-Zeichens vorübergehend zurück. Es wurde bei Friedensdemonstrationen in erster Linie durch die Friedenstaube ersetzt. Das änderte sich aber wieder mit dem Beginn der US-Intervention im Irak 1991 und dann der Verleihung des Friedensnobelpreises 2017 an ICAN, die International Campaign to Abolish Nuclear Weapons, eine Nichtregierungsorganisation, die die totale atomare Abrüstung durchsetzen will und das alte Symbol der CND, kombiniert mit einer zerbrochenen Rakete, als Logo verwendet.