Afro-Look


Button der Free-Angela-Kampagne, etwa 1970
Button der Free-Angela-Kampagne, etwa 1970

Afro-Look bezeichnet eine Frisur, bei der das (natur)krause Haar fast kugelförmig um den Kopf steht. Als Modeerscheinung ist der Afro-Look allerdings nicht hinreichend erklärt. Hinweise auf die Ungekämmtheit der Hippies, die Popularität von Jimmy Hendrix oder des Musicals Hair genügen nicht, um den Durchbruch dieser Haartracht in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre und die wellenartige Ausbreitung in der Folgezeit zu erklären.

 

Denn der Afro-Look war ursprünglich ein politisches Statement. Der radikale Flügel der schwarzen Bürgerrechtsaktivisten in den USA – die Black-Power-Bewegung – forderte ihre Anhänger auf, ihren „Rassenstolz“ (race pride) dadurch zum Ausdruck zu bringen, daß sie ihr Haar ungebändigt trugen. Tatsächlich ging der Verkauf von Haarglättungsmitteln in den Vereinigten Staaten dramatisch zurück. Die Propaganda für ein neues Schönheitsideal - „Black is beautiful!“ – führte dazu, daß immer weniger Schwarze versuchten, ihr Äußeres dem der Weißen anzupassen. Eine Tendenz, der die Entscheidung entsprach, in Zukunft nicht nur „schwarze“ Musik zu hören, sondern auch „schwarze“ – das heißt afrikanische oder arabische - Kleidung zu tragen, „schwarze“ - das heißt afrikanische oder arabische -Namen anzunehmen, um sich in jeder Hinsicht von der Kultur des weißen Mannes abzusetzen.

 

Die Speerspitze des „schwarzen Nationalismus“ dieser Zeit waren die „Black Panthers“. Anders als den Anhängern der gewaltfreien Bewegung Martin Luther Kings erschien den Männern und Frauen der Black Panther Party (BPP) die Revolution als legitime Antwort auf die Unterdrückung durch das weiße "Schweinesystem".

 

Der „Verteidigungsminister“ der BPP, Huey Newton, setzte ihr Recht durch, Waffen in der Öffentlichkeit zu tragen. Aber das hatte mit „Selbstverteidigung“ (die BPP führte anfangs den Zusatz „for Self-Defense“) wenig zu tun. Die Panther orientierten sich ausdrücklich an den Vorgaben Maos und Che Guevaras für einen Guerillakrieg und propagierten die Separation der Schwarzen in den USA und die Schaffung eines kommunistischen Staates. Ihr Emblem – ein angreifender schwarzer Panther - war nicht zufällig gewählt, sondern von dem Zeichner Emory Douglas bewußt aggressiv gestaltet worden. Douglas Propaganda wirkte auch außerhalb der BPP stilbildend: klare Aussagen, scharfe Kontraste, die weißen Gegner als Ratten oder Schweine dargestellt. Die eigenen Aktivisten erschienen mit martialischem Barett und großer Sonnenbrille nach dem Vorbild der IRA.

 



 

Allerdings geriet die BPP schon kurz nach ihrer Gründung im Oktober 1966 in eine Krise. Dabei spielten interne Streitigkeiten über die Frage des bewaffneten Kampfes eine Rolle, aber auch der wachsende Verfolgungsdruck der Polizei. Nach der Besetzung des kalifornischen Parlaments durch Anhänger der Black Panthers im Mai 1967 und der gegen Newton gerichteten Anklage wegen Mordes an einem Polizeibeamten erklärte Edgar Hoover, der Leiter des FBI, die Black Panthers zur größten Bedrohung der nationalen Sicherheit der USA.

 

Tatsächlich hatte die BPP aber niemals mehr als einige hundert, bestenfalls tausend, Mitglieder. Viele wurden verhaftet, bei Polizeiaktionen verwundet oder getötet. Die Aufmerksamkeit, vor allem der Medien, hat das nicht verringert, eher im Gegenteil. Zumal sie ihr Interesse bald auf eine junge Aktvistin konzentrieren konnten, die sich 1969 der BPP anschloß und rasch deren bekanntestes Mitglied wurde: Angela Davis. Angela Davis war nicht nur eine attraktive Frau, es gelang ihr auch sehr geschickt, ihr Bekenntnis zum Kommunismus und die Radikalität ihrer Forderungen in Szene zu setzen. Außerhalb der USA wurde sie aber erst bekannt, nachdem ihr Bruder Jonathan im August 1970 bei dem Versuch, ein inhaftiertes BPP-Mitglied zu befreien, vier Menschen erschossen hatte. Da die Waffe, mit der die Tat verübt wurde, auf den Namen von Angela Davis gekauft worden war, setzte das FBI ihren Namen auf die Liste der zehn meistgesuchten Verbrecher des Landes. Kurz darauf wurde sie verhaftet und der „Unterstützung des Terroismus“ angeklagt. Ihr drohte eine schwere, möglicherweise sogar die Todesstrafe.

 

In der Folge kam es zu einer internationalen, vor allem von der studentischen Linken im Westen und den Ostblockstaaten unterstützten, Solidaritätskampagne unter dem Motto „Free Angela“. Tatsächlich wurde Angela Davis nach zwei Jahren von einem US-Gericht in allen Anklagepunkten freigesprochen. Im Zentrum der Propaganda für die Freilassung von Angela Davis stand ihr Kopfbild mit dem Afro-Look, das in Zeitungen und Zeitschriften, auf Buchumschlägen und Plakaten, vor allem aber auf den neuen „Buttons“ erschien, großen, farbigen Ansteckern, die als demonstratives Bekenntnis von jungen Leuten wurden. Der Erfolg der Kampagne war, was die Popularität von Angela Davis betraf, durchschlagend, aus ihrer eigenen Sicht aber eher ambivalent. In einem Interview meinte sie, sie sei bei den Massen eher als „Modeikone“ denn als politische Aktivistin in Erinnerung geblieben.